Anton Prock - 2013
Die Innschifffahrt in Tirol
Wenn du heute
durch das Inntal
fährst, dann
benutzt du die
Eisenbahn, die
Autobahn oder die
Bundesstraße. Vor
mehr als 150
Jahren gab es keine Eisenbahn und die Landstraße war in einem schlechten Zustand,
voller Schlaglöcher und bei Regen oft überschwemmt. Im gesamten Talboden konnte sich
der Inn in vielen Armen ausbreiten. Heute gibt es nur mehr einen Innarm.
Der Inn entspringt in der Schweiz beim Malojapass, fließt dann die Schweiz, das
österreichische Bundesland Tirol, das deutsche Bayern und bildet über lange Strecken die
Grenze zwischen Oberösterreich und Bayern. Bei Passau mündet er in die Donau. In Tirol
liegen die größeren Orte Landeck, Imst, Telfs, Wattens, Schwaz, Jenbach, Brixlegg, Kundl,
Wörgl und Kirchbichl am Inn, aber auch die mittelalterlichen Städte Innsbruck, Hall,
Rattenberg und Kufstein.
Zumindest für einige Monate im Jahr war der Inn der wichtigste Verkehrsweg, man
spricht von der Innschifffahrt. Sie begann in der alten Salzstadt Hall, da sich dort eine
Absperrung
für das
Treibholz
befand, der
sogenannte
Rechen.
Innabwärts
trieben Floße
und flache
Boote, die
Plätten. Auf ihnen wurde allerlei transportiert: Wein und Südfrüchte auf dem Landweg
über den Brennerpass aus Südtirol und Italien, Holz, Zement, Steine aus Nordtirol, Salz
aus Hall, Silber und Kupfer aus Schwaz. Große Schiffe brachten Seide, Edelsteine und
Gewürze aus Indien und China über das Meer nach Venedig, von wo diese Güter über
Innschifffahrt den Brennerpass mit Fuhrwerken nach Hall gelangten. Fleisch wurde der
Haltbarkeit wegen getrocknet und war nur mit Gewürzen genießbar. Aber auch Soldaten
und andere Reisende wählten den Inn. Eine große Plätte konnte ca. 35 m lang und 11 m
breit sein.
Innabwärts ging es recht flott. Für die Strecke von Hall bis Kufstein, ca. 60 km, benötigte
ein Schiff 5 bis 6 Stunden. Das große Problem war der Transport innaufwärts. Es gab ja
keine Schiffsmotoren und mit Segeln konnte man auch nichts anfangen. So mussten
zuerst Menschen, die entlang des Ufers gingen, die beladenen Schiffe innaufwärts ziehen.
Später verwendete man dazu Pferde. Meist bestand ein Schiffszug aus mehreren
Schiffen, gezogen von 30-40 Pferden. Transportiert wurde vor allem Getreide, Fleisch und
Fett. Das war ein
gefährliches
Unternehmen. Der
Stangenreiter ritt voran
und maß mit einer langen
Stange die Flusstiefe am
Rand. Die Seile, mit
denen die einzelnen
Boote aneinander
befestigt waren, mussten
gespannt sein. Für die
Strecke von Kufstein nach
Hall benötigte man 5 bis 6
Tage.
Die Schiffsleute selbst lebten sehr gefährlich. Der Inn war unberechenbar. Immer wieder
bildeten sich Strudel, neue Untiefen, reißende Stellen. Die Männer durften nicht
schwimmen können, da sie bei Gefahr ihre Schiffe nicht verlassen sollten. Zudem
herrschte der Aberglaube, dass alles, was in den Fluss fiel, dem Flussgott gehörte und
man es ihm nicht wegnehmen dürfe. Sonst sei er böse und bringe Unglück.
Entlang des Inn entstanden Städte, die durch die Innschifffahrt reich wurden. In Tirol sind
dies Hall, Rattenberg und Kufstein. In Hall wurde Salz abgebaut. Schwaz war bekannt
wegen seiner Silber- und Kupfervorkommen. Diese Innstädte haben auch von der
Bauweise her viel gemeinsam (Grundriss, Häuser, Markt- bzw. Stadtplatz, Gassen, Erker
und manchmal Lauben).